Aktuelle Beispiele aus der Berufsorientierung

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Schule und Wirtschaft ziehen an einem Strang

Deutschland verfügt über ein ausgezeichnetes berufliches Bildungssystem, wovon Unternehmen und Schüler gleichermaßen profitieren. Über die Ausbildung investieren Wirtschaftsbetriebe in ihre Zukunft und junge Erwachsene erwerben frühzeitig Berufserfahrung – für beide Seiten eine lohnenswerte Ausgangsbasis. Das duale Ausbildungssystem orientiert sich am Arbeitsmarkt. Betriebliche Ausbildungsplätze werden in Berufen angeboten, in denen Fachkräfte fehlen und somit gute Beschäftigungsaussichten bestehen. Schulische Berufsorientierung, Angebote der Arbeitsagentur und das Engagement von Wirtschaftsbetrieben wachsen seit einigen Jahren immer mehr zu einer Einheit zusammen, weil der demografische Wandel längst spürbar bei den Firmen angekommen ist. Seit 2006 verzeichnen Verbände rückläufige Bewerberzahlen und sehen entsprechenden Handlungsbedarf.

Als Reaktion auf diese Entwicklung bauen viele Unternehmen ihr Angebot an Praktikumsplätzen aus und nutzen die Chance zum gegenseitigen Kennenlernen. Durch ein Praktikum erhalten zukünftige Auszubildende ab dem ersten Tag Einblicke in die betriebliche Praxis. Rasch stellt sich während solcher Testphasen heraus, ob Talent, Motivation, Teamfähigkeit, Verlässlichkeit und Interesse in ausreichender Form vorhanden sind, sodass eine gezielte Beratung erfolgen kann. Allerdings bleiben Jahr für Jahr tausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Die Herausforderung wird zukünftig also darin bestehen, vorhandene Ausbildungsplatzangebote und ausbildungsinteressierte Jugendliche zusammenzuführen. Eine umfangreiche Aufgabe, die die Vernetzung von allen Beteiligten erfordert.

Das jährlich im Herbst stattfindende Regionale Berufsforum ist ein solcher Ort der Begegnung. Gastgeberin ist die Grund- und Werkrealschule (GWRS) Villingendorf im engen Zusammenwirken mit der Arbeitsagentur Rottweil/Villingen-Schwenningen. Aber auch Wirtschaftsverbände sind im Vorfeld beratend tätig. Die Veranstaltung folgte jüngst dem Ausschreibungstitel „Berufliche Chancen direkt vor der Haustür“ und richtete sich damit vor allem an Jugendliche und deren Eltern. „Indem wir Wirtschaftsbetriebe aus dem Nahbereich zu uns in die Schule einladen, setzen wir bei unseren Schülern die Hemmschwelle zum Erstkontakt herunter“, erklärte Lehrer Torsten Zühlsdorff den Ansatz des Konzeptes. Schüler könnten sich in ihrer gewohnten Umgebung meist sicherer bewegen, was oftmals zu einem deutlich produktiveren Austausch führe. Folgerichtig begann die Veranstaltung mit einer Berufsmesse, auf der sich zwanzig Aussteller aus verschiedenen Bereichen präsentierten. Schulaula, Klassenräume und Gänge fungierten als Informationsfläche, auf der sich zahlreiche Schüler von Stand zu Stand bewegten. Junge Azubis erklärten dort die jeweiligen Anforderungen und Rahmenbedingungen, erläuterten mitgebrachte Modelle sowie Arbeitsmittel und berichteten von ihrem Ausbildungsalltag. Es sei zu lebhaften und interessanten Gesprächen gekommen, wobei auch Praktika und Ausbildungsplätze eine Rolle spielten. Von den beteiligten Ausbildungsleitern gab es sehr positive Rückmeldungen, weil das Berufsforum „eine bemerkenswerte Nähe zu den Jugendlichen“ herstelle.

Im Anschluss an die Berufsmesse folgte ein Vortragsteil zu den Schwerpunkten Pflegberufe und Freiwilligendienste. Vier Referenten hatten dazu alle relevanten Informationen gebündelt und in anschaulichen Präsentationen aufbereitet. Die Schüler erkannten schnell, dass es sich bei den sozialen Berufsfeldern auch um eine „Berufung“ handeln kann. So stellte Maria-Madlen Fritz vom Oberndorfer Seniorenzentrum Haus Raphael (Keppler-Stiftung) dar, wie es in der Pflege um ein respektvolles Zusammenleben von allen Beteiligten gehe. Die Menschen und deren Bedürfnisse stünden hier im Mittelpunkt, weshalb soziale Kompetenzen, Einfühlungsvermögen und gegenseitige Wertschätzung einen wesentlichen Schwerpunkt bilden. Thomas Steigmiller von der Diakonie betonte, dass das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) von vielen Jugendlichen genutzt werde, um in entsprechenden Berufsfeldern tiefgreifende Erfahrungen zu sammeln. Nicht selten beeinflusse dieses soziale Engagement die spätere Berufswahl. Als weitere Option stellte Oberleutnant Markus Bayer den freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr vor. Die Länge der Dienstzeit könne je nach Interesse und persönlicher Folgeplanung verschieden lang sein. Innerhalb einer Probezeit dürfe der freiwillige Wehrdienst ohne Angaben von Gründen jederzeit beendet werden. Monika Slongo zeigte Wege auf, wie Angebote der Arbeitsagentur den individuellen Berufswahlprozess unterstützen und bereichern können.

Ab Klassenstufe 5 folgt die schulische Berufsorientierung an der GWRS Villingendorf einem umfangreichen Curriculum. Schulleiter Rainer Kropp-Kurta entwickelt dieses zusammen mit seinem Team laufend weiter. Jüngstes Modul ist die „Map Of Jobs“, auf der sich Unternehmen aus unserer Region präsentieren und Ausbildungsstellen anbieten können. Dieses Tool ist auch mit dem Smartphone vollumfänglich nutzbar. Nähere Informationen stehen unter www.schule-villingendorf.de im Internet zur Verfügung.